Ich möchte zuerst über ein
Ereignis berichten, dass gefühlt schon etwas länger zurück liegt. Wenn ich in
meinen Kalender schaue, stimmt es sogar, denn es war vor fast vier Wochen.
Kleine Anmerkung: mein Zeitgefühl habe ich schon längst verabschiedet,
einerseits fühlt es sich an, dass ich schon ewig hier bin und andererseits
staune ich, wie schnell die Zeit vorbeirast!!
Also zurück zu meinem Bericht...
es geht nämlich um das im Titel angekündigte „Toma de Habito“ von Jakeline.
„Toma“ bedeutet „Nehmen“ und „Habito“ ist der Habit. Wem das nichts sagt, es
handelt sich um eine Einkleidung, Jakeline wurde nämlich vor drei Wochen zur
Schwester geweiht. Ich habe sie für 10 Tage als Novizin kennengelernt und
erlebt, bis sie dann „den Schleier genommen“ hat.
Ich hab natürlich erst einen Tag
vorher kapiert, was am nächsten Tag los ist. :D
Den ganzen Tag vorher hat sie
sich vorbereitet, demzufolge was ich gesehen habe, war sie ziemlich lange in
der Kapelle.
Die Einkleidung selbst war in den
Ablauf der Messe integriert: Zu Beginn ist sie zusammen mit den beiden
Priestern und zwei Schwestern feierlich in die Kapelle eingezogen – komplett in
weiß. Sie war ganz ernst, ich konnte in ihrem Gesicht aber ein glückliches,
aufgeregtes und gespanntes Grinsen entdecken. Dann wurde die Messe normal
begonnen, bis dann Madre Rosa eine Ansprache gehalten hat, Jakeline nach vorne
getreten ist und den Fragen von Rosa geantwortet hat. Als nächsten Schritt hat
sie sich hingekniet und ihr Versprechen abgelegt. Darauf folgte die Handauflegung
von Rosa. (kleiner Hinweis: die Richtigkeit meiner Schilderung kann ich nicht
versichern, von wegen Begrifflichkeiten und Fehlinterpretationen)
Der schönste Teil fing aber jetzt
erst an: Ganz feierlich wurde die Kleidung eingesegnet, dann Jakeline
angezogen. Nachdem der Rosenkranz an dem Gürtel befestigt wurde, kam das weiße
Skapulier. Zuletzt war der Schleier an der Reihe. Bis jetzt hatte ich alles
verfolgt, ohne eine große Veränderung wahrzunehmen. Mit dem Schleier war jedoch
eine Veränderung eingetreten, da die Haare, die jetzt kaum mehr zu sehen waren,
normalerweise viel zum Gesichtsausdruck beitragen. Zuletzt wurde Jakeline vom
Priester gesegnet und dann konnte SCHWESTER Jakeline sich vor Umarmungen nicht
mehr retten. Denn von allen Seiten kamen wir angestürmt, um sie zu
beglückwünschen. Gloria hat die Rassel geholt und eine kleine Singpause wurde
eingelegt. Danach wurde die Messe zuende gefeiert und noch in der Kapelle vor
lauter Freude mit ihr getanzt. Jeder hat sie einmal einzeln herumgewirbelt,
danach wurde im Kreis getanzt. Das war für mich sehr schön anzusehen, da die
Gewänder und Kleider und Röcke beim Drehen ganz weit geschwungen sind.
Ganz wichtig ist auch noch, dass eine Frau aus der Gemeinde anwesend
war, die Jakelines Mutter vertreten hat, da Jaki aus Columbien kommt.
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Da ist sie, die strahlende Jaki! |
Danach gab es ein Festessen. Der
Tisch war wunderschön hergerichtet, mit wunderschönen Servietten, Kerzen,
Blumen, Steinen, Cola, Sprite, Inca Kola, scharfen Soßen :D Außerdem gab es im
Vorhinein so was ähnliches wie Sekt, aber total süß und mit ganz feinem Schaum
oben drauf und dazu Chips (aus Bananen, Kartoffeln, Bohnen und was weiß ich
noch alles).
Es war für mich ein ganz
besonderes Erlebnis, weil ich Zeugin von einer Lebensentscheidung werden
durfte, die sie hoffentlich ihr ganzes Leben glücklich machen wird.
Oh seht, die überschäumende Freude! ...gut zum anstoßen, aber nicht ganz meinem Geschmack entsprechend, weil viel zu süß... |
Ich bin jetzt 19!! Seit fast zwei Wochen und ich hatte ein unvergessliches Geburtstagsfest. Auch an dieser
Stelle noch mal GRACIAS, zum Beispiel an Mama und Papa, die mir das überhaupt
möglich gemacht haben, mit Haut und Haaren, leibhaftig in Perú sein zu können.
Ich kann mir das manchmal einfach nicht vorstellen. Ich bin heute zum Beispiel
aufgewacht und habe gedacht, gleich gehe ich runter in die Küche und sage Mama
guten morgen. Im gleichen Moment denke ich, nein, irgendwas stimmt da nicht...
Und dann fällt es mir ein! Gestern hatte ich wieder so einen Moment, dass ich
unglaublich gestaunt habe, IN PERÙ ZU SEIN!!
Gracias auch an die Comunidad de
las Bienaventuranzas, mich aufgenommen zu haben.
Und mein fettestes Gracias geht
an meine peruanischen Freunde in der Gemeinde Maria Madre De Dios, obwohl ihr
das wahrscheinlich überhaupt gar nicht lesen werdet.
Es gab ein Festessen, obwohl ich
zu meiner Schande gestehen muss, dass ich gar nicht mehr weiß, was es gab, nur,
dass es sehr, sehr lecker war!! Statt diesem Sekt, den ich oben beschrieben
habe, gab es Sekt mit Cocktailfrüchten, was ich sehr begrüßt habe. Ich weiß
nicht ob das extra war, denn der „Schaumsekt“ zählt zu den wenigen Dingen, die
ich nicht so sonderlich mag. Und im Gegensatz dazu mochte ich das Getränk, das
es an meinem Geburtstag gab, sehr gerne. Gracias!
Ich habe mich sehr über ein
Päckchen von meinen Eltern gefreut.
Abends ging es dann zu Giuliana,
worauf ich mich zurecht den ganzen Tag gefreut habe. Wir kamen rein und der
Raum war super toll hergerichtet: an der Decke hingen lauter „feliz
cumpleaños“-Luftballons und auf einem Tisch waren Chips vorbereitet, dazu eine
Musikanlage. Außerdem waren an der Wand einige Stühle aufgestellt.
Am Anfang habe ich mich etwas
verloren gefühlt, weil noch nicht viele da waren und ich auch nicht so ins
Gespräch kam, weil ja alle Spanisch gesprochen haben. (Wenn ich mit Leuten
rede, die ich nicht so oft sehe, verstehe ich erst mal nicht so viel) Das hat
sich aber mehr und mehr gelegt. Es kamen dann auch langsam Gäste. Der erste
Geck waren Clownsnasen, mir hat man eine rote zugesteckt. Das war etwas fatal,
da meine auf meine echte Nase abgefärbt hat. Und dann kam etwas besonderes,
denn es haben zwei angefangen, einen Volkstanz zu tanzen, mit denen der eine
schon Wettbewerbe gewonnen hat. Das war sehr eindrucksvoll und ich habe mich
total gefreut, dass ich die Ehre hatte, das zu sehen. Dann fing das Tanzen an.
Ganz im Gegensatz zu Deutschland können peruanische Jungs tanzen, das hat mich
echt beeindruckt, muss ich sagen. Im Laufe des Abends habe ich dann auch die
Basisschritte gelernt. Mir wurde von den Mädels erst gesagt, dass ich meine
Hüfte viel mehr bewegen muss und dass sie mir lieber unter uns zeigen wollen,
wie das geht, aber ich liebe es zu Tanzen und deswegen habe ich mich davon
nicht abschrecken lassen. Und siehe da, es hat einigermaßen gut geklappt.
Irgendwann habe ich ein paar
Fotos von zuhause gezeigt, was glaube ich ganz gut angekommen ist. Und ich habe
meine Minirede gehalten. Das war ganz schön peinlich, weil ich nur drei Sätze
hatte und mir als Antwort eine schöne und viel längere Rede gehalten wurde.
Um 11 Uhr oder noch später ist
dann Vanessa gekommen und sie hat eine Schokotorte mitgebracht, die wirklich
Hammer war. Und dann wurde ich aufgefordert, eine Rede ohne „Papel“ zu halten,
also ohne meinen Stichwortzettel. Ich wieder nur meine drei Sätze gestammelt
und mir wurde eine zweite noch viel schönere Rede gehalten, die mich sehr
berührt hat. Außerdem durfte ich (sozusagen als Kerzenersatz) die Flamme eines
Feuerzeugs auspusten und in die Torte reinbeißen. Zum Glück wurde ich nicht mit
dem Kopf in die Torte reingedrückt!! Das passiert wohl auch schon mal :D
Es war wirklich ein
unvergesslicher Geburtstag!
Um über meinen nächsten Punkt zu
schreiben, muss ich mich kurz in meine Vorbereitungsphase zurückversetzen:
Meine Vorstellung von der Zeit in Peru war rosig. Ich habe geglaubt, wenn ich
in Peru bin, bin ich glücklich. Aber ich bin hierhin gekommen mit der Absicht,
den Alltag mitzuleben. Alltag ist bekanntlich nicht rosig, auch in Peru nicht.
Jeder hat schließlich seinen Job hier, so wie sich das gehört. (Obwohl man
natürlich die Arbeitslosigkeit mitbedenken muss. Ich habe das recherchiert:
unter den Jugendlichen herrscht 18 %)
Ich bin mit einem Kopf voller Ideen hierhin gekommen, aber so sprudelnd
meine Gedanken auch sind, die erste Zeit ist hier dem Ankommen und Einleben
gewidmet. Ich habe mich dazu entschlossen, das einfach mal anzunehmen und mich
darauf einzulassen. Einfach mal in mich reinzuhorchen und mich selbst ganz
anders kennenzulernen.
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