Sonntag, 3. November 2013

Toma de Habito, Cumpleaños und erste Erkenntnisse


Ich möchte zuerst über ein Ereignis berichten, dass gefühlt schon etwas länger zurück liegt. Wenn ich in meinen Kalender schaue, stimmt es sogar, denn es war vor fast vier Wochen. Kleine Anmerkung: mein Zeitgefühl habe ich schon längst verabschiedet, einerseits fühlt es sich an, dass ich schon ewig hier bin und andererseits staune ich, wie schnell die Zeit vorbeirast!!
Also zurück zu meinem Bericht... es geht nämlich um das im Titel angekündigte „Toma de Habito“ von Jakeline. „Toma“ bedeutet „Nehmen“ und „Habito“ ist der Habit. Wem das nichts sagt, es handelt sich um eine Einkleidung, Jakeline wurde nämlich vor drei Wochen zur Schwester geweiht. Ich habe sie für 10 Tage als Novizin kennengelernt und erlebt, bis sie dann „den Schleier genommen“ hat.
Ich hab natürlich erst einen Tag vorher kapiert, was am nächsten Tag los ist. :D
Den ganzen Tag vorher hat sie sich vorbereitet, demzufolge was ich gesehen habe, war sie ziemlich lange in der Kapelle.
Die Einkleidung selbst war in den Ablauf der Messe integriert: Zu Beginn ist sie zusammen mit den beiden Priestern und zwei Schwestern feierlich in die Kapelle eingezogen – komplett in weiß. Sie war ganz ernst, ich konnte in ihrem Gesicht aber ein glückliches, aufgeregtes und gespanntes Grinsen entdecken. Dann wurde die Messe normal begonnen, bis dann Madre Rosa eine Ansprache gehalten hat, Jakeline nach vorne getreten ist und den Fragen von Rosa geantwortet hat. Als nächsten Schritt hat sie sich hingekniet und ihr Versprechen abgelegt. Darauf folgte die Handauflegung von Rosa. (kleiner Hinweis: die Richtigkeit meiner Schilderung kann ich nicht versichern, von wegen Begrifflichkeiten und Fehlinterpretationen)
Der schönste Teil fing aber jetzt erst an: Ganz feierlich wurde die Kleidung eingesegnet, dann Jakeline angezogen. Nachdem der Rosenkranz an dem Gürtel befestigt wurde, kam das weiße Skapulier. Zuletzt war der Schleier an der Reihe. Bis jetzt hatte ich alles verfolgt, ohne eine große Veränderung wahrzunehmen. Mit dem Schleier war jedoch eine Veränderung eingetreten, da die Haare, die jetzt kaum mehr zu sehen waren, normalerweise viel zum Gesichtsausdruck beitragen. Zuletzt wurde Jakeline vom Priester gesegnet und dann konnte SCHWESTER Jakeline sich vor Umarmungen nicht mehr retten. Denn von allen Seiten kamen wir angestürmt, um sie zu beglückwünschen. Gloria hat die Rassel geholt und eine kleine Singpause wurde eingelegt. Danach wurde die Messe zuende gefeiert und noch in der Kapelle vor lauter Freude mit ihr getanzt. Jeder hat sie einmal einzeln herumgewirbelt, danach wurde im Kreis getanzt. Das war für mich sehr schön anzusehen, da die Gewänder und Kleider und Röcke beim Drehen ganz weit geschwungen sind.
Ganz wichtig ist auch noch, dass eine Frau aus der Gemeinde anwesend war, die Jakelines Mutter vertreten hat, da Jaki aus Columbien kommt.


Da ist sie, die strahlende Jaki!



 
Danach gab es ein Festessen. Der Tisch war wunderschön hergerichtet, mit wunderschönen Servietten, Kerzen, Blumen, Steinen, Cola, Sprite, Inca Kola, scharfen Soßen :D Außerdem gab es im Vorhinein so was ähnliches wie Sekt, aber total süß und mit ganz feinem Schaum oben drauf und dazu Chips (aus Bananen, Kartoffeln, Bohnen und was weiß ich noch alles).
Es war für mich ein ganz besonderes Erlebnis, weil ich Zeugin von einer Lebensentscheidung werden durfte, die sie hoffentlich ihr ganzes Leben glücklich machen wird.
Oh seht, die überschäumende Freude! ...gut zum anstoßen, aber nicht ganz meinem Geschmack entsprechend, weil viel zu süß...





Ich bin jetzt 19!! Seit fast zwei Wochen und ich hatte ein unvergessliches Geburtstagsfest. Auch an dieser Stelle noch mal GRACIAS, zum Beispiel an Mama und Papa, die mir das überhaupt möglich gemacht haben, mit Haut und Haaren, leibhaftig in Perú sein zu können. Ich kann mir das manchmal einfach nicht vorstellen. Ich bin heute zum Beispiel aufgewacht und habe gedacht, gleich gehe ich runter in die Küche und sage Mama guten morgen. Im gleichen Moment denke ich, nein, irgendwas stimmt da nicht... Und dann fällt es mir ein! Gestern hatte ich wieder so einen Moment, dass ich unglaublich gestaunt habe, IN PERÙ ZU SEIN!!
Gracias auch an die Comunidad de las Bienaventuranzas, mich aufgenommen zu haben.
Und mein fettestes Gracias geht an meine peruanischen Freunde in der Gemeinde Maria Madre De Dios, obwohl ihr das wahrscheinlich überhaupt gar nicht lesen werdet.
Es gab ein Festessen, obwohl ich zu meiner Schande gestehen muss, dass ich gar nicht mehr weiß, was es gab, nur, dass es sehr, sehr lecker war!! Statt diesem Sekt, den ich oben beschrieben habe, gab es Sekt mit Cocktailfrüchten, was ich sehr begrüßt habe. Ich weiß nicht ob das extra war, denn der „Schaumsekt“ zählt zu den wenigen Dingen, die ich nicht so sonderlich mag. Und im Gegensatz dazu mochte ich das Getränk, das es an meinem Geburtstag gab, sehr gerne. Gracias!
Ich habe mich sehr über ein Päckchen von meinen Eltern gefreut.
Abends ging es dann zu Giuliana, worauf ich mich zurecht den ganzen Tag gefreut habe. Wir kamen rein und der Raum war super toll hergerichtet: an der Decke hingen lauter „feliz cumpleaños“-Luftballons und auf einem Tisch waren Chips vorbereitet, dazu eine Musikanlage. Außerdem waren an der Wand einige Stühle aufgestellt.
Am Anfang habe ich mich etwas verloren gefühlt, weil noch nicht viele da waren und ich auch nicht so ins Gespräch kam, weil ja alle Spanisch gesprochen haben. (Wenn ich mit Leuten rede, die ich nicht so oft sehe, verstehe ich erst mal nicht so viel) Das hat sich aber mehr und mehr gelegt. Es kamen dann auch langsam Gäste. Der erste Geck waren Clownsnasen, mir hat man eine rote zugesteckt. Das war etwas fatal, da meine auf meine echte Nase abgefärbt hat. Und dann kam etwas besonderes, denn es haben zwei angefangen, einen Volkstanz zu tanzen, mit denen der eine schon Wettbewerbe gewonnen hat. Das war sehr eindrucksvoll und ich habe mich total gefreut, dass ich die Ehre hatte, das zu sehen. Dann fing das Tanzen an. Ganz im Gegensatz zu Deutschland können peruanische Jungs tanzen, das hat mich echt beeindruckt, muss ich sagen. Im Laufe des Abends habe ich dann auch die Basisschritte gelernt. Mir wurde von den Mädels erst gesagt, dass ich meine Hüfte viel mehr bewegen muss und dass sie mir lieber unter uns zeigen wollen, wie das geht, aber ich liebe es zu Tanzen und deswegen habe ich mich davon nicht abschrecken lassen. Und siehe da, es hat einigermaßen gut geklappt.
Irgendwann habe ich ein paar Fotos von zuhause gezeigt, was glaube ich ganz gut angekommen ist. Und ich habe meine Minirede gehalten. Das war ganz schön peinlich, weil ich nur drei Sätze hatte und mir als Antwort eine schöne und viel längere Rede gehalten wurde.
Um 11 Uhr oder noch später ist dann Vanessa gekommen und sie hat eine Schokotorte mitgebracht, die wirklich Hammer war. Und dann wurde ich aufgefordert, eine Rede ohne „Papel“ zu halten, also ohne meinen Stichwortzettel. Ich wieder nur meine drei Sätze gestammelt und mir wurde eine zweite noch viel schönere Rede gehalten, die mich sehr berührt hat. Außerdem durfte ich (sozusagen als Kerzenersatz) die Flamme eines Feuerzeugs auspusten und in die Torte reinbeißen. Zum Glück wurde ich nicht mit dem Kopf in die Torte reingedrückt!! Das passiert wohl auch schon mal :D
Es war wirklich ein unvergesslicher Geburtstag! 




 
Um über meinen nächsten Punkt zu schreiben, muss ich mich kurz in meine Vorbereitungsphase zurückversetzen: Meine Vorstellung von der Zeit in Peru war rosig. Ich habe geglaubt, wenn ich in Peru bin, bin ich glücklich. Aber ich bin hierhin gekommen mit der Absicht, den Alltag mitzuleben. Alltag ist bekanntlich nicht rosig, auch in Peru nicht. Jeder hat schließlich seinen Job hier, so wie sich das gehört. (Obwohl man natürlich die Arbeitslosigkeit mitbedenken muss. Ich habe das recherchiert: unter den Jugendlichen herrscht 18 %)
Ich bin mit einem Kopf voller Ideen hierhin gekommen, aber so sprudelnd meine Gedanken auch sind, die erste Zeit ist hier dem Ankommen und Einleben gewidmet. Ich habe mich dazu entschlossen, das einfach mal anzunehmen und mich darauf einzulassen. Einfach mal in mich reinzuhorchen und mich selbst ganz anders kennenzulernen.

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